Das Corona Virus hält seit nunmehr 4 Wochen unser ganzes Land, Europa, ja die ganze Welt in einem Würgegriff bisher unbekannten Ausmaßes. Das öffentliche Leben ist in allen Bereichen auf ein absolutes Minimum herunterfahren worden. Um dies veranlassen zu können hat die Politik in einer Weise in gesetzmäßig verbriefte Bürgerrechte eingegriffen, wie es wohl niemand von uns allen je für möglich gehalten hätte. Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie, auf die wir alle mit Recht sehr stolz sind. Wir sind es also gewohnt, ein Recht auf Arbeit zu haben, ein Recht auf freie Bewegung und auch ein Recht darauf unseren Aufenthaltsort frei bestimmen zu können. Dies alles ist momentan auf noch unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt. Wir akzeptieren dies, weil wir Sorge haben um uns selbst, unsere Angehörigen und Freunde und natürlich um alte und kranke Menschen, die aktuell am meisten gefährdet sind. Wir akzeptieren dies auch, weil wir gelernt haben, dass es elementar wichtig ist Zeit zu gewinnen, um unser Gesundheitssystem auf Vordermann zu bringen und die Voraussetzungen zu schaffen, dass möglichst alle Menschen, die infolge einer Corona-Erkrankung intensivmedizinische Hilfe benötigen auch adäquat behandelt werden können. D.h. konkret – unser Gemeinschaftsgefühl ist bis auf wenige Ausnahmen (noch) weitestgehend in Ordnung.
Restriktive Maßnahmen können nur zeitlich beschränkt sein
Trotz einer weitreichenden Informationspolitik können die seit Wochen geltenden Maßnahmen sicher nicht mehr lange aufrechterhalten werden. Zu viele Probleme können und werden sich in einer an relative Freiheit gewöhnten Gesellschaft ergeben. Schon jetzt wird über eine enorme Zunahme an häuslicher Gewalt in ihren verschiedensten Ausprägungen berichtet. Alleinstehende – jung wie alt - geraten in eine nicht tolerierbare Vereinsamung. Alleinerziehende können ihren Lebens- und Arbeitsrhythmus nicht mehr organisieren. Auch die von der Politik unbürokratisch geschaffenen Rahmenbedingungen für eine großflächige Kurzarbeit kann nur eine Übergangsregelung für einige Wochen sein, denn 60 bzw. 67% reichen nicht für eine ordentliche Lebensführung. Hunderttausende Freiberufler, Klein- und Solounternehmer sind auch mit den kurzfristig initiierten Soforthilfemaßnahmen innerhalb weniger Wochen in höchstem Maße in ihrer Existenz bedroht. Für viele von ihnen ist seit Mitte März das Einkommen zu 100% weggebrochen während die Kosten sowohl im geschäftlichen wie auch im privaten Bereich weiterlaufen. Da nützt es auch nichts, Mieten oder Steuern zu stunden oder Kredite zu vergeben, wenn diese danach in der Rückzahlungsphase die Kosten temporär verdoppeln.
Und dann ist da noch die Lebensgefahr, die für einen Teil der Gesellschaft im Falle einer Corona – Infektion unzweifelhaft gegeben ist. Das ist nicht wegzudiskutieren. Diese Lebensgefahr besteht jedoch – und auch das darf als gesichert angesehen werden – wenn die Menschen die Isolation nicht mehr aushalten. Auf dem Land, wo man noch recht einfach auf einen Spaziergang hinaus in die Natur gehen kann, geht es möglicherweise noch etwas länger gut, als in den größeren Städten mit ihren teils ghettoartigen Wohnviertel in denen es kaum Raum für Individualität gibt. Doch die Frage muss erlaubt sein: Laufen wir nicht Gefahr in eine Situation zu kommen, in der es mehr Tote durch Verzweiflungssuizide gibt, als durch die Corona – Pandemie? Soweit darf und sollte es nicht kommen. Hinterfragt werden muss und darf auch die Tatsache, dass schon geplante Operationen bei anderweitig erkrankten Menschen verschoben werden müssen. Es kann sein, dass diese Maßnahmen rein physisch gesehen in den meisten Fällen kein Problem darstellen. Wie es sich jedoch auf die Psyche eines ernsthaft Erkrankten auswirkt, wenn genau seine Operation nicht durchgeführt wird, kann von jemandem der nicht in dieser Situation steckt überhaupt nicht hinreichend beurteilt werden.
Wie könnte der Weg aussehen?
Alle laufenden Maßnahmen sind aktuell bis zum Ende der Osterferien terminiert. Dies lässt den zuständigen Behörden und Einrichtungen noch etwas Zeit um die Engpässe bei Schutzkleidung und medizinisch notwendigen Geräten und Einrichtungen zu minimieren. Seit einigen Tagen ist auch erkennbar, dass sich die Ausbreitung der Pandemie verzögert und damit wie angestrebt auch die Sterblichkeitsrate spürbar sinkt. Beide Effekte sind Indizien dafür, dass die Maßnahmen richtig waren. Doch nun kommt es darauf an, im Interesse aller einen sinnvollen Weg zurück in eine gewisse Normalität zu finden. Beginnend mit dem Schulunterricht und der Kleinkinderbetreuung kann erreicht werden, dass die Arbeitswelt wieder in Gang kommt. Was nicht bedeutet, dass damit alle Vorsichtsmaßnahmen in Bezug auf körperliche Kontakte aufgegeben werden müssen. Soziale Kontakte in Kleingruppen sollten ebenfalls wieder möglich sein. Ladengeschäfte könnten wieder öffnen, mit einer Beschränkung der zeitgleich im Geschäft befindlichen Personen. Dies könnte auch für Restaurants mit einem ausreichenden Platzvolumen gelten.
Nach weiteren zwei bis drei Wochen, wenn deutlich wird, wie die Lage sich nach den ersten Erleichterungen entwickelt hat, könnten dann – bei positivem Verlauf – auch die Geschäfte mit mehr Körperkontakt - z.B. Friseure, Kosmetik, u.ä sowie die Gastronomie und auch kleinere kulturelle Veranstaltungen bis zu 500 Zuschauern und auch kleinere Sportveranstaltungen mit Publikum stattfinden. Ab Mitte des Jahres – wiederum einen positiven Verlauf vorausgesetzt - könnten dann auch wieder Konzerte und sportliche Großereignisse möglich werden.
Wir wissen nicht, ob es so kommt. Allerdings wäre es für den gesellschaftlichen Frieden von nicht zu unterschätzender Bedeutung, wenn die Menschen wieder eine gewisses Gefühl von Freiheit und Entspannung bekommen. Dies würde sicherlich auch die Akzeptanz für die noch verbleibenden Maßnahmen erhöhen, die zum Schutz besonders gefährdeter Menschen noch weitergeführt werden müssen, bis ein wirksames Medikament und/oder ein wirksamer Impfstoff verfügbar sind.
Autor: Edwin Bloed